Ludwigsburger NSU-Kontaktpersonen im Untersuchungsausschuss

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Bisher hat sich der zweite NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag kaum mit der rechsextremen Szene und den baden-württembergischen NSU-Kontakten beschäftigt. Stattdessen ging es um die Befragung von Sachverständigen und die Erörterung der Frage, ob beim Mord an an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn staatliche (Geheim-)Dienste anwesend waren. Für den Nachmittag der sechsten öffentlichen Sitzung am 30. Januar 2017 sind jetzt zwei Personen aus der Ludwigsburger Neonazi-Szene der 1990er Jahre als Zeugen geladen. Beide standen über einen längeren Zeitraum mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt und weiteren Neonazis aus der thüringischen und sächsischen Szene in Verbindung.

Auf 15.30 Uhr ist Barbara E. geladen, deren Namen sich auf der am 26. Januar 1998 in einer Jenaer Garage sichergestellten Telefonliste von Uwe Mundlos fand. Sie gehörte zu einer Clique um den 2003 verstorbenen Michael Ellinger, der zeitweise in der Skinhead-Band „Kettenhund“ Schlagzeug spielte. Spätestens ab 1994 soll Ellinger Kontakt zu Mundlos, Zschäpe und Böhnhardt gehabt haben. Der Kontakt kam über den Neonazi Markus Fr. zustande, der aus Chemnitz nach Baden-Württemberg gezogen war und den Ellinger auf einer Berufsschule kennen lernte. Ab Mitte der 1990er Jahre kam es zu wechselseitigen Besuchen der Clique um Ellinger und Barbara E. in Chemnitz und des Kreises um Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in Ludwigsburg. Zuletzt sollen Mundlos und Zschäpe Anfang des Jahres 2001 bei Ellinger zu Besuch gewesen sein und dort auch Barbara E. getroffen haben.

Teil der Ludwigsburger Clique war auch Hans-Joachim S., der auf 16.30 Uhr als Zeuge geladen ist. Auch seine Telefonnummer fand sich auf der „Garagenliste“ des NSU-Kerntrios. Aus einem zwischen dem 14. April 1996 und dem 19. April 1996 verfassten Brief von Uwe Mundlos an den V-Mann Thomas Starke geht laut Abschlussbericht des ersten Bundestags-Untersuchungsausschusses hervor, dass Mundlos zusammen mit dem Jenaer Kay Norman S. bei Hans-Joachim S. übernachtete und erstaunt war über „die Waffen, welche die Ludwigsburger alle hatten“. Ob es sich dabei um die Deko-Waffen-Sammlung von S. handelte oder ob möglicherweise die Weitergabe oder der Verkauf scharfer Waffen eine Rolle spielten, wird eine der Fragen sein, die der Stuttgarter Untersuchungsausschuss gerne klären würde. Im Jahr 2009 wurden bei Hans-Joachim S. u.a. Waffenutensilien, erlaubnispflichtige Munition, 145 Nazi-Musik-CDs, Uniformteile, Hakenkreuze, Hitlerbüsten und Fahrtenmesser mit dem HJ-Spruch „Blut und Ehre“ gefunden. Anhaltspunkte dafür, dass sich S. als „Waffenhändler“ betätigte, wie von Zeugen im NSU-Verfahren vermutet,  liegen anscheinend nicht vor. Laut eines Presseberichtes sollen in einer Stammkneipe der Clique in Ludwigsburg, in der auch das NSU-Kerntrio feierte, weitere Neonazis verkehrt haben, die mit scharfen Waffen hantieren und mit Waffenlieferungen an den NSU in Verbindung gebracht werden.

Die Sitzung am 30. Januar 2017 beginnt bereits um 10.00 Uhr im Plenarsaal des Landtags. Zunächst sind Vertreter des Bundeskriminalamts, des Landeskriminalamts, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Landesamtes für Verfassungsschutz geladen.
Besucher*innen können jederzeit an der öffentlichen Sitzung teilnehmen. Bring einfach einen gültigen Personalausweis mit und meldet Euch an der Pforte des Landtages!

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