Rechte Aktivistin Nelly R. im NSU-Untersuchungsausschuss in Stuttgart

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Logo des Nazi-Zines "Neue Ordnung"

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Am Montag, den 27. April 2015, wird im NSU-Untersuchungsausschuss in Stuttgart zum ersten Mal eine wichtige Person aus der organisierten Nazi-Szene aussagen. Die 35-jährige Friseurmeisterin Nelly R. aus Wolpertshausen bei Schwäbisch Hall engagiert sich seit Ende der 1990er Jahre in der NPD in Baden-Württemberg.

Die in Kasachstan geborene R. kandidierte bei Wahlen mehrfach für die Landes-NPD, so z.B. bei der Bundestagswahl 2009 und der Landtagswahl 2011. Sie war außerdem Kreisschatzmeisterin der NPD in Schwäbisch Hall. Zu ihren engsten Vertrauten gehört der baden-württembergische NPD-Landesvorsitzende und ehemalige Kroatien-Söldner Alexander Neidlein.
Nelly R. ist außerdem bundesweit in der rechtsextremen Szene vernetzt – auch mit militanten Faschisten aus dem Umfeld der internationalen Gruppierung „Blood and Honour“. Wie gut ihre Kontakte in dieses Milieu sind, zeigt sich beispielweise daran, dass die Cottbusser Nazi-Band „Frontalkraft“ Nelly R. bereits 1999 in einem Interview mit dem Crailsheimer Fanzine „Neue Ordnung“ persönlich grüßte.

Cottbusser Nazi-Rockband "Frontalkraft" grüßt Nelly R. im Zine "Neue Ordnung"

Cottbusser Nazi-Rockband „Frontalkraft“ grüßt Nelly R. im Zine „Neue Ordnung“

Auch Stefan R., der Ehemann von Nelly R., ist tief in die rechtsextreme Szene verstrickt. Er war Bassist der Rechtsrock-Band „Rolling Bastards“. 2008 ermittelte das LKA Sachsen gegen Stefan R. wegen des Verdachts des Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot. Es ging um die Fortführung der im Jahre 2000 in Deutschland verbotenen Organisation „Blood and Honour“.
Aus dem „Blood and Honour“- Netzwerk stammen viele der Unterstützerinnen und Unterstützer des mutmaßlichen „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU).

Hinweise auf einen Zusammenhang des Ehepaars R. mit dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn am 25. April 2007 oder einen Kontakt zu den Jenaer Nazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gibt es bislang jedoch nicht.
Allerdings behauptet „Krokus“, eine ehemalige V-Frau des baden-württembergischen Verfassungsschutzes, seit dem Auffliegen des NSU im November 2011, dass das Ehepaar R. etwas mit der Tat in Heilbronn zu tun habe.
„Krokus“ bespitzelte für das Landesamt für Verfassungsschutz auch Nelly R. und besuchte deren Friseurstudio in Wolpertshausen. Dabei soll „Krokus“ mitbekommen haben, wie Nelly R. versuchte, von einer Kundin Informationen über den Gesundheitszustand des in Heilbronn angeschossenen Polizisten Martin A. zu bekommen. Bei der Kundin handelte es sich um eine Krankenschwester. Diese arbeitete im SRH-Krankenhaus in Neresheim, wo Martin A. nach dem Mordanschlag behandelt wurde. Laut einem Artikel der Stuttgarter Nachrichten soll die Krankenschwester aber in der Klinik selbst nie Kontakt zu Martin A. gehabt und Nelly R. nur beiläufig von dem Polizisten erzählt haben. Dies wird sich am Montag klären lassen, denn auch die Krankenschwester, die 2007 Kundin in Nelly R.s Salon war, ist als Zeugin geladen.
„Krokus“ bzw. ihr Lebensgefährte nannten in verschiedenen Statements im Internet eine ganze Reihe baden-württembergischer Nazis, die angeblich in die Tat auf der Heilbronner Theresienwiese involviert gewesen sein sollen. Neben dem Ehepaar R. geht es dabei auch um den Heilbronner NPD-Kreisvorsitzenden Mathias Brodbeck und den NPD-Landesvorsitzenden Alexander Neidlein.

Alle von „Krokus“ genannten Personen sind als aktive Nazi-Aktivist*innen mit Kontakten in militante Kreise bekannt, ein Bezug von ihnen zu den Morden des NSU ist aber bisher nicht belegt. Nelly R. selbst soll am Tag des Heilbronner Anschlags in der Friseurenmeisterschule in Heilbronn gewesen sein.

Geladen ist für Montag auch „Rainer Oettinger“. Er führte „Krokus“ beim Landesamt für Verfassungsschutz als V-Frau und tritt nur unter einem Arbeitsnamen auf.
Des weiteren werden Gerhard Q. vom Polizeipräsidium Aalen und zwei Ermittler*innen des LKA gehört.

Wie gewohnt werden wir aus der Sitzung im Stuttgarter Landtag twittern.Die Sitzungen finden öffentlich statt. Besucher*innen können jederzeit in den Plenarsaal im Kunstgebäude am Schloßplatz in Stuttgart kommen. Los geht`s am Montag um 9.30 Uhr mit der Vernehmung von Nelly R.

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